Gestern, heute, morgen – in welcher Zeit lebst du?

Während ich diese Zeilen schreibe, denke ich viel an gestern. Vielleicht, weil sich das Jahr dem Ende neigt, weil es ein ereignisreiches Jahr war oder weil ich noch sehr am Gestern hänge.
Ist es nicht spannend, wie häufig wir entweder nicht loslassen können oder glauben, dass morgen alles besser wird?

Und, in welcher Zeit lebst du?

Früher war alles besser!

Manchmal fühlt es sich für mich so an. Früher musste ich mich um nichts kümmern, konnte einfach sein. Je älter ich wurde, desto komplexer das Leben und die Probleme. Gleichzeitig natürlich auch aufregender.

Loslassen ist eine meiner größten Herausforderungen. Ich behalte Menschen und Momente gern in meinem Herzen, halte daran fest. Auch wenn es vielleicht besser wäre, loszulassen. Ich gebe ungern etwas oder jemanden auf. Doch ich weiß, dass es manchmal nötig ist, zumindest zwischenzeitlich.

Ziemlich häufig treffe ich Menschen, die mir lebhaft Geschichten ihrer Vergangenheit erzählen. Nicht nur vermeintlich alte Menschen. Es geschieht mir sehr oft, dass jemand, der/die mitten im Leben steht und auf den ersten Blick glücklich ist, etwas mit sich herumschleppt, das aus der Vergangenheit kommt. Ein alter Schwarm, ein verlorener Freund, ein Familienstreit, die verpasste Karrierechance – die Welt scheint voll von Situationen, denen wir anhaften können.

Ungeklärtes belastet und bahnt sich seinen Weg

Im Video spreche ich über den Film Magnolia und dessen Kernzitat:

„Wir haben mit der Vergangenheit abgeschlossen, aber die Vergangenheit nicht mit uns.“

Es ist ein Film voller ‚Zufälle‘, die alle zusammenhängen und letztlich nicht zufällig sind. Einige Protagonisten werden von ihrer Vergangenheit eingeholt. Sie hatten sie nicht als Teil von ihnen akzeptiert, wollten ihr entkommen. Das kann gut gehen. Eine ganze Weile sogar. Doch meistens bewirkt es das Gegenteil, wenn wir uns blind unser Leben schön malen.

Vergangenheit in der Therapie

Es kann sich also lohnen, in die eigene Vergangenheit zu blicken, um Ungeklärtes aufzulösen. In manchen Therapieformen – wie der Psychoanalyse – ist diese Methode sogar essenziell.
Doch es gibt auch Menschen, die bestimmte Dinge nicht erforschen wollen, weil sie Angst vor den Konsequenzen haben. Dann kann es ratsam sein, die Büchse der Pandora nicht zu öffnen, also nicht in der Vergangenheit rumzustochern.

„2018 wird dein Jahr!“

Als ich diese Nachricht von einer Freundin bekam, musste ich schlucken. Dann war ich mutig, und nachdem ich ihr für die optimistischen Wünsche gedankt hatte, sagte ich ihr, dass ich nichts von diesem Satz halte. Gerade jetzt zum Jahreswechsel höre ich immer wieder Menschen sagen, dass nächstes Jahr alles besser werde.

Was passiert denn eigentlich Magisches an diesem Silvester?

Mein Englischlehrer mahnte früher: „Wenn ihr etwas ändern wollt, fangt JETZT damit an. Nicht zu einem bestimmten Datum in der Zukunft.“ Oder gar aufgrund eines bestimmten Zustands. Wenn die Sonne wieder scheint… – dann hast du bestimmt ganz andere Pläne!

Allzu oft hat das Leben auch andere Pläne. Ich weiß nicht, ob 2018 ein tolles Jahr wird. Vielleicht wird es auch ganz schrecklich. Ja, dieses Jahr hatte einige Tiefen. Doch es hatte auch Wunderbares, manchmal sogar während der Tiefphasen. Ich freue mich auf 2018, aber ich erwarte nicht, dass es überdimensional wird. Da ist die Falltiefe zu hoch.

Leben im Hier und Jetzt! Ähm…

So ein toller Ratschlag – das muss es doch sein, oder? Im Hier und Jetzt bin ich, so viel ist klar. Wenn ich Hier und Jetzt allerdings so lebe, als gäbe es kein Morgen, ist das nicht so klug. Klar, sagt ja auch keiner, machen viele trotzdem.

All we have is now

Schon. Ich bin auch sehr dafür, Momente zu genießen und auszukosten. Sich dem Moment hinzugeben bedeutet häufig auch, alles um sich herum zu vergessen. Doch die Welt steht eben nicht still. Manchmal nehme ich das gerne in Kauf: Lieber den Sonnenuntergang am Meer genießen, als die Erste am Buffet zu sein. Noch eine Folge der Lieblingsserie statt Schönheitsschlaf oder Sporteinheit. Noch fünf Minuten länger im Bett – mit dem Partner vielleicht auch zehn – statt pünktlich zu kommen.

Alles sehr subjektive Entscheidungen, die häufig – zumindest langfristig – Konsequenzen haben. Derer sollte ich mir bewusst sein, um abwägen zu können, was/wer mir wichtiger ist.

Integration von gestern, heute und morgen

Dieses Einbeziehen der Konsequenzen ist natürlich lästig. Das Betrachten der Vergangenheit anstrengend. Wir Menschen machen uns das Leben gern einfach und im Schönreden sind wir Meister. Problem nur, dass wir dann irgendwann eingeholt werden von diesen ganzen Konsequenzen.

Und das ist total menschlich und passiert uns allen!

Für mich ist es hilfreich, offen und neugierig zu sein. Manchmal schaue ich in meine Vergangenheit und wie ich da mit Situationen umgegangen bin. Das integriere ich in die Gegenwart, indem ich bewusst entscheide, ob es noch stimmig ist. Wenn nicht, lasse ich es in der Vergangenheit. Für die Zukunft habe ich ein paar Fixsterne. Dinge, die mir wichtig sind für mein Leben und die mich antreiben. Weniger materiell, sondern mehr von meinen Werten getrieben. Und die versuche ich, so gut ich kann, schon im Hier und Jetzt unterzubringen.

Gestern, heute, und morgen – alles gehört zu uns. Wir können zu jeder Zeit frei entscheiden, worauf wir den Fokus legen wollen. Es gibt kein richtig oder falsch.

Du hast es in der Hand. Was du tust, ist jetzt richtig für dein Leben.

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