Depression – ach komm, das ist doch alles nur in deinem Kopf.
Wenn ich mich verletze, behandele ich die Wunde – das ist genauso klar wie die Tatsache, dass wir mindestens zweimal am Tag unsere Zähne putzen müssen, damit sie gesund bleiben. Doch was ist eigentlich mit emotionaler Gesundheit? Diese Frage wirft Guy Winch in seinem TED Talk zum Thema „Emotionale Hygiene“ auf:
Warum kümmern wir uns mehr um die physische Gesundheit als um die psychische?
Psychische Verletzungen wie Zurückweisung, Misserfolg oder Einsamkeit kommen viel häufiger vor als physische.
Guy Winch erklärt fachlich und persönlich (mit Anekdoten über ihn und seinen Zwillingsbruder), wieso emotionale Hygiene wichtig ist.
Key Points des TED Talks „Emotionale Hygiene“
Hier noch einmal die benannten psychischen Verletzungen und mögliche Umgehensweisen:
Einsamkeit
Sie reißt eine tiefe psychische Wunde. Einsamkeit verzerrt unsere Wahrnehmung und verwirrt unser Denken. Sie lässt uns glauben, dass unsere Mitmenschen sich weniger um uns sorgen, als sie wirklich tun. Wir fürchten uns, auf andere zuzugehen, weil wir auf Zurückweisung und Herzschmerz eingestellt sind, während das Herz schon mehr schmerzt, als wir ertragen können.
Einsamkeit ist eine subjektive Empfindung. Chronische Einsamkeit erhöht die Wahrscheinlichkeit eines früheren Todes um 14% und hat negative Auswirkungen auf den Blutdruck, Cholesterinspiegel und das Immunsystem.
Misserfolg
Gefühle und Glaubenssätze haben einen signifikant negativen Effekt auf die Erfolgswahrscheinlichkeit. Wer glaubt, etwas nicht zu können, wird wahrscheinlich scheitern.
Zurückweisung / Ablehnung
Nach Zurückweisung sind wir meist groß darin, uns unserer Schwächen und Fehler bewusst zu werden – schlimmer noch, sie zu fokussieren. Eigentlich eine unlogische Reaktion, da unser Selbstwert bereits verletzt ist – warum wollen wir ihn noch weiter zerstören? Eine physische Wunde würden wir schließlich auch nicht verschlimmern wollen.
Schütze dein Selbstwertgefühl
Denk daran, dass unser Verstand sich nur schwer beeinflussen lässt sobald wir von etwas überzeugt sind. Darum: Bekämpfe das Gefühl der Hilflosigkeit und durchbreche die Negativspirale, bevor sie sich verselbstständigt.
Behandle dich selbst so, wie du einen guten Freund in so einer Situation behandeln würdest.
Grübeln
Grübeln ist eine kostspielige Angewohnheit, die schnell zum Zwang und dann zu psychischen und physischen Krankheiten führen kann.
Eine zweiminütige Ablenkung kann genug sein, um den Grübelzwang zu unterdrücken.
Meine Gedanken zum TED Talk „Emotionale Hygiene“
Dieser Talk wurde mir an einem Tag empfohlen, an dem ich in einer Negativspirale steckte. Schon öfter wurde mir gesagt, dass ich scheinbar ganz „gerne“ grüble oder gar leide. Reflektiere ich mich und meine Verhaltensmuster in einer ruhigen Minute, merke ich selbst, dass ich mich manchmal von meinen negativen gefangen nehmen lasse. In der Tat beleuchte ich in nach Zurückweisungen häufig meine Schwächen und Fehler und verschlimmere meinen Zustand dadurch nur. Für mich selbst habe ich mittlerweile herausgefunden, dass ich dieses Handlungsmuster vor allem in zwischenmenschlichen (Liebes-) Beziehungen anwende. In anderen Kontexten reagiere ich (zum Glück) anders.
Nachdenken vs. Grübeln
Dieses Grübeln beschäftigt mich schon eine ganze Weile. Doch denke ich (hilfreich) darüber nach oder grüble ich über das Grübeln. Ich weiß es nicht – noch nicht. Vor knapp zwei Jahren empfiehl mir eine Freundin, mit der ich Psychologie studiert habe, das Buch eines Dozenten unseres Fachbereichs: „Grübeln: Wie Denkschleifen entstehen und wie man sie löst.“*
Tobias Teismann ist Experte der Depressionsforschung und erklärt im Buch, wie sich Nachdenken von Grübeln unterscheidet und gibt Möglichkeiten, das depressive Grübeln zu überwinden – auch hilfreich, wenn man sich nicht „depressiv“ fühlt.
Ablenkung – der Skills-Koffer
Sowohl Guy Winch als auch Tobias Teismann benennen die Strategie des Ablenkens. Im Buch werden ergänzende Methoden wie die Aufmerksamkeitslenkung und der Grübelaufschub beschrieben. Schön finde ich, dass es zudem ein Kapitel „Hilft das alles?“ gibt, in dem Skeptiker Raum gegeben wird.
Persönlich habe ich im Rahmen meiner psychologischen Praxiserfahrung ein Skills Training begleitet. Hierbei geht es darum, mit schwierigen ggf. impulsiven emotionalen Situationen und Zuständen umzugehen. Das Skills Training richtet sich vor allem an Menschen mit Schwierigkeiten der Emotionsregulation, doch ich finde es im Grunde für jeden hilfreich. Die Essenz ist, heftigen emotionalen Zuständen mit starken äußeren Reizen zu begegnen, die nicht schädigend sind. Beispiele sind Chilischoten, Kühlpacks, Wärmekissen, Knete und Stressbälle sein. Das Training werde ich an anderer Stelle noch umfassender beschreiben.
Was hältst du vom Konzept „emotionale Hygiene“?
Wie gehst du mit heftigen emotionalen Situationen um?
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